Sustainability osapiens Summit 2025: Ein Nachbericht

Nachhaltigkeit wird zum Wettbewerbsvorteil: So lautet die Botschaft beim Sustainability osapiens Summit in Mannheim. Warum Unternehmen inzwischen mehr über Transformation und Resilienz als über bloße Pflichterfüllung sprechen.

Theatralische Musik, die Bühne ist in Rauch gehüllt, ein Astronaut betritt die Szene: Der Sustainability osapiens Summit 2025 beginnt nicht mit einem lauten Knall, sondern einer Klarstellung. „Wir brauchen keinen Astronauten, entsendet von einer Nation, sondern einen Alien, um uns alle zu vereinen. In einer geteilten Welt gibt es keinen echten globalen Impact“, sagt Alberto Zamora, Mitgründer und CEO von osapiens, und schickt den sichtlich enttäuschten Raumfahrer von der Bühne. Doch was ist zu tun, wenn nicht gerade ein Alien zur Stelle ist?

„Fokussieren Sie sich auf Ihr eigenes nachhaltiges Wachstum“, fordert Zamora und betont die Bedeutung von Transparenz und Effizienz für demokratische Gesellschaften. Die beiden Aspekte wählt der Unternehmer nicht zufällig: Sein 2018 gegründetes Software-Unternehmen, das mit seinem Hub ein breites Tool für Unternehmen geschaffen hat, sieht Transparenz und Effizienz als strategische Grundpfeiler. Und damit wird deutlich, worum es an den beiden Tagen des Events gehen wird. 

Große Namen, große Keynotes, große Themen

Ist Nachhaltigkeit ein strategischer Vorteil? Dieser Frage widmet sich der ehemalige Bundesminister Cem Özdemir. Wenn KMU von Regularien überwältigt seien, müsse man die Regeln restrukturieren, sonst wendeten sich Unternehmen von der nachhaltigen Entwicklung ab. „Wir brauchen ein starkes und vereintes Europa, aber wir brauchen auch Unabhängigkeit von Unternehmen und Lieferketten“, betont Özdemir. Je transparenter die Lieferketten, desto besser könne man Krisen entschärfen.

Die strategische Bedeutung digitaler Lieferketten- und Unternehmensdaten in Europa betont Teresa Ribera, Exekutiv-Vizepräsidentin für Sauberen, Fairen und Wettbewerbsfähigen Wandel bei der Europäischen Kommission: Und zwar als Grundlage für Transparenz, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Unabhängigkeit – also für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Kontinents. 

Transparente Lieferketten machen nicht nur den Klimaschutz sichtbar, sondern auch Kleinbauer:innen und Arbeiter:innen im globalen Süden, besonders Frauen und Jugendliche, erklärt Madeline Njeri Muga, Strategy and Impact Director bei Fairtrade Africa. Die Zukunft sei dort, wo Bäume gepflanzt, Abfälle kompostiert, Lebensmittel verteilt und Ökosysteme wiederhergestellt werden. „Gleichberechtigung und Transparenz gehen Hand in Hand. In der Zukunft stehen Frauen nicht mehr am Rand der Märkte“, findet Muga. Transparenz versteht sie als Grundlage des Handelns, nicht als Hindernis. In der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) sieht sie Signale für den globalen Wandel zu mehr Verantwortung.

Ein Update zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) liefert Saskia Slomp, CEO der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die betont: „Transparenz ist der Schlüssel, aber wir sollten die Ziele des Green Deals im Auge behalten.“ Außerdem kündigt sie für Ende Mai eine Open Source Software an, einen Excel-to-XBRL Converter: Dieser soll die Konvertierung von VSME Draft Digital Templates in einen digitalen, von Menschen und Maschinen lesbaren XBRL-Bericht ermöglichen.

Insights aus der nachhaltigen Praxis

Äußerst beliebt sind die Afternoon Tracks, die sich um regulatorische Fragen wie CSRD, EUDR, Due Diligence oder den digitalen Produktpass drehen. Aber es geht auch um Branchen und Industrien, zum Beispiel um Einzelhandel und Konsumgüter. Ein großes Thema – beim gesamten Summit – ist die Lieferkette, auch für den Süßigkeitenhersteller Storck, wie Markus Rietmann, Head of Business Application Management, berichtet. Sein Unternehmen sei von der EUDR betroffen, weil es Kakao in seinen Produkten verarbeitet, aber das gelte nicht für alle Produkte. Rietmann kann nicht alle Logiken der EUDR nachvollziehen, auch bei Papierverpackungen. „Eine unserer großen Herausforderungen im Umgang mit der EUDR ist deshalb die Kundenkommunikation.“ 

„Die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette ist nicht vorbei. Das glaube ich der neuen Bundesregierung nicht“, meint Dr. Lothar Harings von der Rechtskanzlei Cattwyk. Sollte der Omnibus bewirken, dass Unternehmen nur noch auf direkte Lieferanten schauen müssen, wäre das fahrlässig, denn auch anderswo gebe es Risiken. „Behalten Sie die ganze Lieferkette im Blick und folgen sie nicht den politischen Zeichen“, lautet sein Rat, denn: „Solange Gesetze bestehen, müssen Sie diese befolgen.“ Unternehmen müssten dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) weiterhin zeigen, dass sie sorgfältig bleiben.

„Unternehmen, die sich nicht um Compliance kümmern, wird es in Zukunft nicht mehr geben“, meint Alexander Rhetz, Head of Quality and Compliance Management Home and Living, Garden/DIY bei Otto. „Compliance ist nicht sexy, sie schafft keinen Mehrwert oder Umsatz, aber sie ist trotzdem relevant“, erklärt der Experte. Produkt-Compliance sieht er als einen Kernbestandteil des Geschäfts. Unternehmen rät er, eigenes Wissen in der Organisation aufzubauen, den Start-up-Markt zu sichten sowie einen langen Atem zu haben. Und dafür brauche es vor allem hochqualifizierte Mitarbeitende sowie den Austausch mit Behörden, Lieferanten, Service-Anbietern und anderen Unternehmen.

Von bloßer Compliance zur Transformation und Resilienz

Nachdem sich Unternehmen bemüht haben, ihre regulatorischen Hausaufgaben zu erledigen, drohen Berichts- und Sorgfaltspflichten durch den Omnibus an Gewicht zu verlieren oder sogar wegzufallen. Wohin also geht die Reise, wenn Nachhaltigkeit wieder zum „nice to have“ werden könnte? „Vor einem Jahr drehte sich alles um Compliance. Nun wird die Resilienz von Unternehmen und Lieferketten immer wichtiger“, meint Stefan Wawrzinek, Mitgründer und COO von osapiens.  

Viele Besucher:innen des Summit zeigen ein großes Interesse an praktischen Hilfestellungen für die Umsetzung von Compliance-Anforderungen. Beim Event wird aber auch deutlich: Wer sich intensiv mit der eigenen Compliance beschäftigt hat, befindet sich oft mitten in der Transformation. Und so reicht die bloße Konzentration auf die Pflichterfüllung vielen Unternehmen nicht mehr. Inzwischen geht es immer mehr um erfolgreiches Management und eine Strategie für die Zukunft.

Der Sustainability osapiens Summit ist eine große Werbeshow für das Portfolio des Anbieters, der letztes Jahr eine 120 Millionen Dollar-Finanzierung von Goldman Sachs Alternatives erhielt und Standorte in ganz Europa und New York eröffnet hat. Das Event vermittelt aber auch viel Wissen und bietet Orientierung in Zeiten, die weder Astronauten noch Aliens brauchen, sondern: Eine Kultur der Offenheit und Transparenz sowie die Bereitschaft, das eigene Unternehmen in eine nachhaltige Zukunft zu lenken.


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