Greentech Festival: Zwischen Vision und harter Realität

„Change starts here“ Mit diesen Worten wurden Besucher:innen auf dem diesjährigen Greentech Festival begrüßt. Vom 20. bis 22. Mai sollten die Dekarbonisierung und Transformation der Industrie im Vordergrund stehen. Doch auf dem Boden der Tatsachen angekommen, mangelte es an Aussteller:innen und Besucher:innen.

„Während die deutsche Wirtschaft um ihre Zukunftsfähigkeit ringt, zeigt das Greentech Festival, dass Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit kein Widerspruch sind“, hieß es von Festival-Gründer Marco Voigt in der Messeankündigung. Ein optimistisches Versprechen, das beide Veranstaltungstage nur bedingt einlösen konnten. Zwar inszenierte sich das Festival als Zukunftsforum, doch mangelte es an greifbaren Visionen und wirtschaftlicher Rückendeckung – ein deutliches Signal dafür, dass Klimaschutz ohne klaren Business-Case selbst in der Innovationsszene schwer Gehör findet. 

Umso relevanter war der Blick in den Panels auf konkrete Lösungsansätze – auch wenn sie nicht alle die Lücke zwischen Anspruch und Realität schließen konnten. Im ersten Panel ging es weniger um Change als vielmehr um Lösungen. Dabei wurde der Frage nachgegangen, ob Geschäft und Planet in Krisenzeiten gewinnen können. Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, appellierte: „Wir müssen auf dem richtigen Weg bleiben. Es ist ein gemischtes Bild, aber es sagt mir, dass wir stärker denn je sein müssen.“ Obwohl Emissionen global reduziert werden müssen, steigen sie. Umfragen zeigen jedoch auch, dass die Menschen aufmerksamer sind und den Wandel wollen. Die Lösungen, die es für jeden Sektor gibt, sind jedoch nicht immer skalierbar oder gewinnbringend. 

Zwischen den Spannungsfeldern – mutig bleiben

In diesem oder ähnlichen Spannungsfeldern bewegten sich viele weitere Beiträge: Es gibt viel Innovationskraft in Deutschland, aber es fehlen Ressourcen. Alles, was wirtschaftlich tragbar ist, sollte umgesetzt werden, doch die Zahlungsbereitschaft fehlt. Mehr Batterien braucht das Land, doch europaweit werden viel zu wenig Batterien gesammelt und recycelt. 

Gemeinsamer Tenor blieb: Mut haben. Dabei waren die Beiträge wie immer inspirierend und wertvoll. Doch die Krisen, die unsicheren wirtschaftlichen Bedingungen, der Bedeutungsverlust von Nachhaltigkeit, wurden keineswegs ausgeklammert. Im Gegenteil, sie waren überall sichtbar und wurden angesprochen. Spontan erklomm auch Greentech-Festival Gründer Marco Voigt die Bühne und forderte mehr Mut vom mittleren und oberen Management: „Lasst uns schauen, dass wir wirtschaftlich agieren und die Themen, die wir alle angeschoben haben, weiterverfolgen. In den letzten Jahren ist schließlich sehr, sehr viel passiert. Das dürfen wir nicht vergessen!“

Daten, Daten, Daten

Der Dreh- und Angelpunkt sind Daten. In jedem der vier Themenbereiche – Mobilität und Transport, Energie und Infrastruktur, Industrie und Materialien sowie ESG – geht nichts ohne Daten. Dabei ging es auf der Veranstaltung sowohl um Messbarkeit als auch um Transparenz, unabhängig von der Berichtspflicht. Es gilt, intelligent zu skalieren und zu dimensionieren und nur auf Grundlage von Daten kann Transparenz entstehen und eine Analyse erfolgen. Während die Co-Gründerin von BeyondBuild, Christine Damke auf die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) verwies: keine Daten – kein Geld, legte Dilara Can, Geschäftsleiterin von Bosch Climate Solutions das Augenmerk auf die Resilienz, die nachhaltige Geschäftsmodelle bieten, da sich leichter verbessern lässt, was man messen kann.  

Die „Klimafrage“ und der Wunsch nach Stabilität

Die Transformationsforscherin Maja Göpel eröffnete den zweiten Tag des Greentech Festivals mit ihrer Keynote mit einem Blick auf die Politik. Obwohl der Anteil der EU an den weltweiten Treibhausgasemissionen seit 1990 von 15,2 auf nur noch 6,0 Prozent im Jahr 2023 gesunken ist und sie damit nur noch der viertgrößte Emittent nach China, den USA und Indien war, bleibt Europa ein stark vom Klimawandel betroffener Kontinent. Dennoch wird die Klimafrage Göpel zufolge kaum noch ernsthaft debattiert; einen Grund dafür sieht sie darin, dass Klimaschutzmaßnahmen häufig als Risiko für den Status quo empfunden werden. In Zeiten multipler Krisen – wie Krieg, Inflation und Energieunsicherheit – wächst der Wunsch nach Stabilität. Klimapolitik wird dann schnell als zusätzliche Belastung wahrgenommen.

Zurück in der grünen Bubble

„Wir sind wieder da, wo wir vor 15 Jahren waren“, stellte eine Besucherin ernüchtert fest. Zurück in der grünen Bubble. So steht die Frage im Raum: War es das (vorerst) letzte Mal? Denn die grüne Bubble ist nicht von der Außenwelt abgeschirmt. Das wurde wohl auch dem Letzten auf der Veranstaltung schmerzhaft vor Augen geführt: Der Verlust an Relevanz und die angespannte wirtschaftliche Lage entfalten ihre Wirkung. 

Auf der Messe selbst waren Flächen freigeblieben. Der Veranstalter ging in die Offensive und erklärte mit Plakaten an Bauzäunen: „Diese Fläche war für echte Veränderung reserviert. Doch die Budgets wurden gestrichen“ oder „Hier sollte die Mobilität der Zukunft gezeigt werden. Aber sie steht im Stau zwischen Lobbyinteressen & Stillstand.“

Deutlich kleiner als in den vergangenen Jahren präsentierte sich das Greentech Festival in diesem Jahr in nur drei Berliner Messehallen. Los ging es wie immer mit den Green Awards, mit prominenten Gästen und Laudatorin Dorothee Bär, Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Doch Besucher- und Ausstellerzahlen gingen zurück: Waren es 2024 noch 14.000 Besucher und Besucherinnen, waren es in diesem Jahr laut Veranstalter 7000, inklusive Aussteller:innen und Panel-Teilnehmenden. Angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage musste sich die Messe neu positionieren und so war lange nicht klar, ob sie überhaupt stattfinden kann, sagte Marco Voigt.

War die Ausstellerlandschaft zuvor geprägt von Automobilherstellern, die ihre Elektromodelle und Designstudien präsentierten, hat sich der Fokus hin zu konkreten technischen Lösungen verschoben. Der einzig präsente Automobilhersteller war Polestar. Eine Entwicklung, die bei manchen Aussteller:innen und Besucher:innen nicht nur auf Unmut traf: Weg von potenziellem Greenwashing, hin zu authentisch nachhaltigen Lösungen. Ein Festival der echten Nachhaltigkeit. Innovative Lösung reihte sich im Startup-Bereich an innovative Lösung. Die traf hier auf etablierte und willige Partner:innen, denen genug Zeit für Austausch blieb. 

Die Konkurrenz direkt nebenan

Mit der Gitex Europe kam ein prominenter Ableger der weltweit größten Tech-Messe aus Dubai erstmals auf das Berliner Messegelände. Hier war für das Thema grüne Technologie eine Halle reserviert. Vielen Aussteller:innen fiel die Wahl da nicht schwer. Mit sechs Hallen war auch diese Messe nicht so groß wie ursprünglich geplant, aber dennoch deutlich populärer als der Nachbar. 

Die offensichtlichen Probleme hinderten die Speaker:innen und Aussteller:innen nicht daran, alles zu geben und mit Herz dabei zu sein. Ob Green Steel, Sensorik oder die Zukunft von EU-Unternehmen – die Keynotes, Panels und Deepdives wurden leidenschaftlich geführt. Neben bekannten Formaten fanden auch Start-up Slams und Career Walks statt, um Interessierten und Nachwuchskräften, den Einstieg in die Welt der nachhaltigen Technologien zu erleichtern. 

Gekommen, um zu bleiben?

Zurück bleibt eine ehrliche Veranstaltung, bei der Nachhaltigkeit keine Worthülse ist. Speaker:innen und Aussteller:innen haben mit Innovationen und Lösungen überzeugt, es gab Zeit für Austausch, aber auch vor Problemen wie Ressourcenmangel wurden die Augen nicht verschlossen. Es war keine Konferenz, kein Summit – sondern ein Festival, das mit verschiedenen Formaten und Inhalten überzeugte. Passend wurden die Besucher:innen mit dem Plakat „The Future is everyone’s business“ ins warme Berlin entlassen.


Schlagworte zum Thema:  Green Tech, Nachhaltigkeit, Veranstaltung