Wohneigentum hat Potenzial: Serielles Bauen kann helfen

20,6 Millionen Mieter in Deutschland träumen vom eigenen Haus oder der eigenen Wohnung, wie eine Studie zeigt. Wo das Potenzial liegt, wie gebaut werden muss, was die Politik zu tun hat – und wo Käufer bezahlbare Immobilien finden.

Nur 45 Prozent der Menschen in Deutschland sind Eigentümer einer Wohnimmobilie, aber knapp drei Viertel (74 Prozent) wären es gerne. In den vergangenen Jahren ist dieser Wert nahezu unverändert geblieben – doch die Eigentumsquote sinkt weiter.

Es wird zu wenig gebaut, zu wenig saniert, kaum noch Bauland ausgewiesen. Die Baukosten steigen, die Kaufpreise befinden sich nach einem kurzzeitigen Dämpfer wieder auf dem Weg nach oben. Die Bevölkerung sieht auch die Politik in der Pflicht.

Das sind Ergebnisse der Studie "Wohnen in Deutschland 2025" des Verbands der Sparda-Banken, umgesetzt von der IW Consult GmbH, dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln und dem Institut für Demoskopie Allensbach (IfD). Über ein Online-Tool lassen sich detaillierte Informationen zu einzelnen Region interaktiv abrufen und vergleichen. 

Wohnimmobilienblase: Nicht mehr als Kassandrarufe?

"Der Kreislauf aus Neubau und Wechsel aus Mietverhältnissen ins Eigentum ist massiv gestört, die Mietpreise steigen", sagt Florian Rentsch, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Sparda-Banken. "Wenn die Menschen verunsichert sind und sich Wohnen nicht mehr leisten können, birgt dies erheblichen gesellschaftlichen Sprengstoff." Nach Berechnungen des IW Köln besteht ein Potenzial von 20,6 Millionen Einwohnern, die vom eigenen Haus oder der eigenen Wohnung träumen, aber zur Miete wohnen.

Im Zuge der politischen Unsicherheiten, des Inflationsschocks und der Zinserhöhungen gab es im Jahr 2024 zwar Preiskorrekturen, im ersten Quartal 2025 sind die Immobilienpreise aber wieder gestiegen. Wie das IW ausführt, zogen die Preise von 2024 bis 2025 in 82 Prozent der 400 deutschen Regionen wieder an – insgesamt um durchschnittlich 2,3 Prozent. Für ein Eigenheim müssen 2025 durchschnittlich 3.081 Euro pro Quadratmeter investiert werden. 98 Prozent der Eigentümer sind laut IW mit der eigenen Wohnsituation zufrieden oder sogar sehr zufrieden, das lohne eine Unterstützung des Traums.

Der Kauf einer Wohnimmobilie lohnt sich laut Rentsch aber auch, weil die Wertentwicklung mittel- und langfristig stabil sei und einen Beitrag zur Altersvorsorge leisten könne. "Die Kassandrarufe hinsichtlich einer Wohnimmobilienblase haben sich nicht bewahrheitet", meint der Experte. Eine extrem hohe Nachfrage treffe auf ein viel zu geringes Angebot, daran werde sich zumindest kurz- und mittelfristig nichts ändern. Noch immer werde zu wenig, zu teuer und nach zu komplexem Regelwerk gebaut.

Realitätscheck: Maßnahmen gegen die Wohnungsbaukrise

Den von der neuen Bundesregierung angekündigten Bauturbo und die geplanten Änderungen im Baugesetzbuch hält Rentsch für einen Anfang. Um den gordischen Knoten der Wohnimmobilienkrise zu durchtrennen, braucht es allerdings mutigere und innovativere Ansätze. Die Studie präsentiert Lösungsansätze.

"Vor allem aber dürfen sinnvolle Neuregelungen nicht durch hemmende Instrumente wie die Mietpreisbremse konterkariert werden", warnt der Vorstandschef des Sparda-Banken-Verbands. Der Kapitalpuffer auf Wohnimmobilienkredite sei kürzlich von der Bankenaufsicht Bafin wenigstens halbiert worden. "Richtig wäre gewesen, diesen abzuschaffen, weil insbesondere bei privaten Wohnimmobilienkrediten keine erhöhte Risikolage für Ausfälle erkennbar ist", so Rentsch.

Das IW hat laut Pekka Sagner, Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik am Institut, mögliche Maßnahmen zur Bewältigung der Wohnimmobilienkrise aus anderen Ländern einem Realitätscheck unterzogen. Einige Instrumente könnten sich in Deutschland lohnen und wären vergleichsweise schnell umsetzbar.

"Durch flexiblere Standards und Vereinfachung technischer Vorschriften konnten beispielsweise in Frankreich, Schweden oder den Niederlanden zwischen zwölf und 15 Prozent Baukosten reduziert werden", so Sagner. Ebenso ließen sich durch vorgeprüfte Typengenehmigungen wie in Australien oder Digitalisierung im Bauantragsprozess wie in Finnland in erheblichen Umfang Zeit, Bürokratie und Kosten im Wohnungsbau einsparen.

Serielles Bauen sei im Durchschnitt 22 Prozent günstiger und etwa 16 Monate schneller als herkömmlicher Neubau, resümiert das Institut der deutschen Wirtschaft. Mit flexibleren Standards könnten 15 Prozent der Kosten gespart werden.

Grunderwerbsteuer abschaffen: Option für viele Deutsche

Die jüngeren Menschen zieht es in der Regel in die Städte und Metropolen: Alle Metropolen verzeichnen starke Wanderungsgewinne bei den Einwohnern von 18 bis unter 30. Auf Berlin (76,8 pro 1.000 Einwohner der Altersgruppe) folgen beim Wanderungssaldo München (72,1) und Düsseldorf (70,1).

Familien bevorzugen das direkte und günstigere Umland: In die Metropolen pendeln täglich knapp 2,6 Millionen Menschen. Das hat deutliche Auswirkungen auf die Immobilienpreise im Umland, beobachten die Studienautoren. Um vier der sieben Metropolen sind in den vergangenen fünf Jahren die Preise im Umland durchschnittlich stärker gestiegen als in den Metropolen selbst. "Voraussichtlich wird der jährliche Neubaubedarf bis 2030 um Köln, Frankfurt am Main, Düsseldorf und Stuttgart sogar größer sein als in den Metropolen selbst", heißt es beim IW Köln.

Die Bevölkerung sieht beim Thema Wohnen auch die Politik in der Pflicht. Rund zwei Drittel (69 Prozent) sehen laut Studie Potenzial in beschleunigten Genehmigungsprozessen. Für mehr als die Hälfte (54 Prozent) wäre die Abschaffung der Grunderwerbsteuer eine willkommene Maßnahme. 67 Prozent der Mieter würden auch eine sanierungsbedürftige Wohnimmobilie kaufen. Nur 19 Prozent der Bevölkerung schätzen einen Immobilienkauf als nicht lohnenswert ein.

Das "Handelsblatt" hat aus der Studie einen Preis-Check herausgearbeitet.

Über die Studie "Wohnen in Deutschland"

Es ist die siebte Ausgabe der repräsentativen Studie "Wohnen in Deutschland" des Verbands der Sparda-Banken. In Zusammenarbeit mit dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln, der IW Consult GmbH und dem Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) werden seit 2017 die regionalen Preistrends, die Erschwinglichkeit von Wohnimmobilien und Pendlerbewegungen analysiert. Auch Auswirkungen von gesamtwirtschaftlichen und politischen Entwicklungen werden einbezogen. Ergänzt wird die Studie durch ein interaktives Online-Tool zu den Preisentwicklungen und Zukunftschancen der einzelnen Regionen.

Sparda-Studie "Wohnen in Deutschland 2025" (Download)

Kanzler Merz: "Wohneigentum auch für Normalverdiener"

"Wer in Deutschland normal verdient, der muss ein normales Wohneigentum erwerben können", sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Ende März 2025 beim Tag der Bauindustrie. "Es ist inakzeptabel, dass das in vielen großen Städten nicht mehr geht." Deshalb wolle die Bundesregierung den Wohnungsbau und die Eigentumsbildung durch eine Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive ankurbeln.

Den Mangel an Wohnungen bezifferte Merz auf "500.000 und mehr". Als ein Ziel nannte der Kanzler: "Wir müssen einfacher bauen, wir müssen seriell bauen". Die Gemeinden sollten zudem Grundstücke zur Verfügung stellen. Denn: "Wir brauchen Bauland", so Merz. Auch müssten Genehmigungsverfahren schneller gehen. Merz lobte Genehmigungsfiktionen in einigen Bundesländern, also die Möglichkeit, dass Genehmigungen nach einer bestimmten Frist als erteilt gelten.

So will Kanzler Merz bezahlbar "bauen, bauen, bauen"


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Schlagworte zum Thema:  Immobilienkauf, Eigentumswohnung