Anwältin muss die Kosten einer Beschwerde selbst tragen

Zu diesem Ergebnis kommt das LG Lübeck in einem kürzlich bekannt gewordenen Beschluss.
Antrag auf Videokonferenz abgelehnt
Die Anwältin hatte für den von ihr vertretenen Kläger eine Klage beim Amtsgericht eingereicht. Sie beantragte, an der angesetzten mündlichen Verhandlung per Bild- und Tonübertragung teilnehmen zu dürfen. Gemäß § 128a Abs. 3 ZPO soll das Gericht den Verfahrensbeteiligten auf einen entsprechenden Antrag die Teilnahme per Bild- und Tonübertragung in der Regel gestatten. Allerdings verweist die Sollvorschrift auf § 128a Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach die mündliche Verhandlung als Videokonferenz nur in geeigneten Fällen und bei ausreichenden (technischen) Kapazitäten des Gerichts in Betracht kommt. Der Amtsrichter lehnte den Antrag im konkreten Fall ab.
Sofortige Beschwerde gegen den Ablehnungsbeschluss
Gegen den ablehnenden Beschluss des Gerichts legte die Verfahrensbevollmächtigte des Klägers erfolglos sofortige Beschwerde ein. Das LG stellte in seiner Beschwerdeentscheidung auf § 128a Abs. 7 Satz 1 ZPO ab. Danach sind Entscheidungen nach § 128a ZPO unanfechtbar. Eine Ausnahme gilt gemäß § 128a Abs. 3 Satz 2 ZPO nur für den Fall der richterlichen Anordnung einer mündlichen Verhandlung per Bild und Tonübertragung. Für diese Fälle sieht das Gesetz die Möglichkeit eines Einspruchs vor.
Sofortige Beschwerde verworfen
Im Hinblick auf die gesetzlich eindeutig geregelte Unanfechtbarkeit der Ablehnung eines Antrags auf Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung per Videokonferenz verwarf das LG die sofortige Beschwerde der Anwältin als unzulässig.
Anwältin haftet persönlich für Kosten des Beschwerdeverfahrens
Das Gericht wies in seinem Verwerfungsbeschluss ausdrücklich darauf hin, dass die Prozessbevollmächtigte persönlich die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen habe und nicht der von ihr vertretene Kläger. Gemäß § 128a Abs. 1 Satz 3 ZPO sei die Anwältin selbst Verfahrensbeteiligte des Beschwerdeverfahrens geworden. Sie habe insoweit für sich selbst und nicht in Vertretung des Klägers den Antrag auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz gestellt und für sich selbst im eigenen Namen die sofortige Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags erhoben.
Für die Kosten gilt das Veranlasserprinzip
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG habe derjenige die Kosten eines Verfahrens zu tragen, der das Verfahren veranlasst hat. Dies sei in diesem Fall die Prozessbevollmächtigte selbst, die das Beschwerdeverfahren im eigenen Interesse eingeleitet habe. Sollte die Prozessbevollmächtigte diese Sichtweise nicht teilen, so stehe ihr gegen die spätere Gerichtskostenrechnung als Rechtsbehelf gegebenenfalls die Erinnerung zum LG zur Verfügung.
(LG Lübeck, Beschluss v. 12.5.2025, 7 T 179/25)
Hintergrund:
Die Zurückweisung von Anträgen auf Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung im Zivilprozess per Videokonferenz war schon häufiger Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Da ablehnende Entscheidungen der Gerichte nicht unmittelbar anfechtbar sind, versuchen einige Anwälte solche Entscheidungen über den Umweg der Ablehnung des Gerichts wegen Besorgnis der Befangenheit anzugreifen.
Antrag auf Videoverhandlung abgelehnt
Das OLG Stuttgart hatte sich kürzlich ausführlich mit einem solchen Fall befasst. Im entschiedenen Fall hatte die Beklagte die Durchführung einer Videoverhandlung wegen eines Aufenthalts im Ausland beantragt. Der zur Entscheidung berufenen Einzelrichter des LG hatte den Antrag wegen der hohen tatsächlichen und rechtlichen Komplexität des Falles und wegen mangelnder technischer Zuverlässigkeit der Videotechnik abgelehnt.
Ablehnung der Videokonferenz rechtfertigt keine Besorgnis der Befangenheit
Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten stützte hierauf einen Befangenheitsantrag, den das OLG zurückwies. Begründung des OLG: Der Beschluss über die Ablehnung des Antrags auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Videokonferenz - der gemäß § 128a ZPO kurz zu begründen ist - sei auf sachgerechte Erwägungen gestützt und enthalte keine unsachliche, einseitige Benachteiligung des Antragstellers, die den Eindruck einer Voreingenommenheit des Klägers hervorrufen könne (OLG Stuttgart, Beschluss v. 10.3.2025, 3 W 10/25).
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