Quadrell: Merz und Scholz wollen Tempelhofer Feld bebauen

In Berlin wird seit Jahren über die Randbebauung des Tempelhofer Felds gestritten. In der Viererrunde der Kanzlerkandidaten von RTL und ntv hat sich Friedrich Merz (CDU) dafür ausgesprochen – trotz des ablehnenden Volksentscheids. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stimmte zu.

Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat sich dafür ausgesprochen, das Tempelhofer Feld trotz des ablehnenden Volksentscheids zu bebauen. "Da hat es eine Bürgerabstimmung gegeben, und es ist abgelehnt worden, dieses Areal zu bebauen", sagte Merz in der Viererrunde, dem sogenannten Quadrell, der Kanzlerkandidaten bei RTL/ntv.

"Ja klar, wenn die Bürgerinnen und Bürger sich weigern, dann muss die Politik bereit sein, auch gegen den erklärten Willen der Nachbarschaft zu sagen: Wir weisen das jetzt aber als Bauland aus und werden dort bauen", so Merz.

Scholz: "Wir sind einer Meinung"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stimmte seinem Konkurrenten in diesem Punkt ausdrücklich zu. "Ich finde, wir müssen heute auch mal sagen: Wir sind einer Meinung." Scholz hatte zuvor einen "Mentalitätswechsel" gefordert, um mehr Neubau von Wohnungen zu erreichen: "Es muss möglich sein, dass man überall dort, wo Wohnungen gebraucht werden, auch Bauland ausweist, damit Wohnungen gebaut werden können. Wir können nicht mehr Wohnungen haben wollen und dann dagegen sein, dass in der Nachbarschaft Wohnungen gebaut werden."

Auf Nachfrage sagte Scholz: "Das ist keine Bürgerschelte, das ist ein moralischer Appell an uns alle, dass wir nicht für mehr Wohnungen sein können, wenn wir nicht für mehr Wohnungen sind. Das muss schon gebaut werden irgendwo."

Auch der schwarz-rote Berliner Senat will eine Randbebauung. Im Frühjahr 2024 wurde ein Bürgerbeteiligungsverfahren gestartet. Die Ergebnisse flossen in die Aufgabenstellung des planerischen Ideenwettbewerbs ein – der soll noch bis Mai 2025 laufen.

Tempelhofer Feld: Noch gilt der Volksentscheid

Die Regierungsparteien CDU und SPD hatten sich Anfang 2023 in Koalitionsgesprächen darauf verständigt, dass Teile des Tempelhofer Feldes für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Pläne bauen auf alten Vorstößen aus den Parteien auf, die seit Jahren eine "behutsame Randbebauung" fordern. Für Sport, Freizeit, Kultur und Erholung soll genügend Raum bleiben. Gaebler stellte dann im Dezember 2023 die Pläne für den Ideenwettbewerb und die Bürgerwerkstatt zum Tempelhofer Feld vor.

Noch gilt das Ergebnis des Volksentscheids vom 25.5.2014, bei dem eine Mehrheit der Berliner Wähler dafür stimmte, das Feld gar nicht zu bebauen. Ob es einen neuen Volksentscheid geben wird, ist noch offen.

Debatte über die Bebauung: Hintergrund

Seit Ende 2008 ist das zirka 350 Hektar große ehemalige Flughafenareal Park- und Freizeitfläche und läuft unter dem Namen "Tempelhofer Feld". Im Jahr 2010 wurde das Gelände für die Öffentlichkeit zum Skaten, Joggen oder Picknicken freigegeben. Mit dem Volksentscheid 2014 lehnten knapp zwei Drittel der Berliner den Bau von Wohnungen ab. Seitdem verbietet das sogenannte Tempelhof-Gesetz die Bebauung.

Erstmals im Sommer 2019 wurde die Diskussion um eine Randbebauung mit Wohnungen wieder angestoßen von drei SPD-Bezirkspolitikern. Im Januar 2020 wärmten CDU und FDP die Debatte auf und plädierten für eine neue Abstimmung unter den Bürgern für eine Überarbeitung des Tempelhof-Gesetzes.

Die Berliner FDP initiierte Anfang Oktober 2020 das Volksbegehren "Baut auf diese Stadt". Und auf einer Klausur des SPD-Landesvorstands im Januar 2021 kam das Thema ebenfalls wieder auf den Tisch: Das Tempelhofer Feld solle als grüne Lunge in der Stadt mit Freiflächen zur Erholung und Bewegung erhalten werden, doch Wohnungsbau auf ausgewählten Randflächen möglich sein, hieß es.

Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes (Tempelhof-Gesetz)


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