Rz. 28
Die Vorschrift ist am 1.1.2019 in Kraft getreten und gilt nur für Verträge ab diesem Zeitpunkt.
Rz. 29
Abs. 3 statuiert den Anwendungsbereich der wesentlichen Mieterschutzbestimmungen von der Wohnraummiete auf Verträge über die Anmietung von Räumen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder anerkannten privaten Trägern der Wohlfahrtspflege, sog. Sozialträgern und privaten oder öffentlichen Vermietern, die abgeschlossen werden, um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf "zum Wohnen zu überlassen" = unterzuvermieten.
Rz. 30
Abs. 3 erfasst die Fälle, in denen etwa eine Gemeinde oder ein anerkannter Wohlfahrtsverband Räume anmietet, um sie Menschen mit "dringendem Wohnbedarf" zu überlassen. Das sind Personen, die ggf. wegen ihres Einkommens, ihres Alters, ihrer Zugehörigkeit zu am Wohnungsmarkt diskriminierten Gruppen einen höheren Wohnungsbedarf haben, weil sie deutlich größere Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche als durchschnittliche Interessenten in dem betreffenden Gebiet haben.
Rz. 31
Die Überlassung der gemieteten Räume an besonders schutzbedürftigen Personen muss (u. a.) der Zweck des Hauptmietvertrages sein. Bei langfristigen Verträgen muss der besondere Zweck des Vertrages daher als wesentliche Abrede mindestens in Textform beurkundet werden.
Rz. 32
Dabei handelt es sich weiterhin nicht um ein "klassisches" Wohnraummietverhältnis zwischen Vermieter und Endnutzer, sondern um ein Hauptmietverhältnis zwischen Vermieter und öffentlichem bzw. wohlfahrtspflegendem Träger.
Stadt mietet ein Haus an, um dort Geflüchtete oder Obdachlose unterzubringen.
Rz. 33
Die gesetzliche Regelung des Abs. 3 Satz 1 ist nach ihrem Zweck nicht dispositiv.
Rz. 34
Bei diesen Mietverträgen handelt es sich nicht um Wohnraummietverträge, sondern um sonstige (gewerbliche) Mietverträge, weil ihr Zweck in der Weitervermietung der Wohnungen besteht, sodass weder die Sozialträger als Mieter noch deren "Kunden" als Untermieter den Schutz des Wohnraummietrechts genießen (§ 540 Abs. 2). § 565 greift mangels "gewerblich handelnder" (Zwischen-)Mieter nicht.
Rz. 35
Nach Abs. 3 Satz 1 werden sämtliche in den Abs. 1 und 2 genannten Vorschriften plus viele weitere zentrale Regeln des Wohnraummietrechts entsprechend angewandt (z. B. §§ 557, 558 ff., 561, 568 Abs. 1, 569 Abs. 3 bis 5, 573 ff., 575, 575a, 577, 577a). Damit erhält das Hauptmietverhältnis über die Gewerberaumvorschriften hinaus weitreichenden Mieterschutz, zumindest so lange der Zweck, die Räume an Bedürftige zu Wohnzwecken zu überlassen, fortbesteht.
Zum Nachteil des (Zwischen-)Mieters sind Abweichungen von den bezogenen Vorschriften aus dem Wohnraummietrecht unzulässig. Anders sieht es bei Bestimmungen aus, die gar nicht über Abs. 3 in Bezug genommen sind. Hier bleibt den Vertragsparteien vertragliche Freiheit, soweit §§ 307 ff. (AGB-Kontrolle) und grundlegende Treu-und Glauben-Gebote nicht verletzt werden.
Die rechtlichen Folgen bestehen u. a. darin, dass Mieterhöhungen nur noch im Rahmen der §§ 558 und 559 sowie eine ordentliche Kündigung dieses Vertrages allein noch gemäß § 573, also nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses, möglich sind. Weitere Beschränkungen ergeben sich aus der angeordneten Anwendbarkeit des § 575 über Zeitmietverträge, des § 577 über das Vorkaufsrecht des Mieters sowie des § 577a über die Kündigungsbeschränkungen bei Wohnungsumwandlungen.
Rz. 36
Abs. 3 Satz 2 sieht vor, dass Zeitmietverträge zusätzlich zu den in § 575 Abs. 1 Satz 1 geregelten Befristungsgründen auch dann zulässig sind, wenn der Vermieter die Räume nach Ablauf der Mietzeit für ihm obliegende oder ihm übertragene benötigt. Dies erweitert das Spektrum der Befristungsmöglichkeiten im Interesse der Vermieter, die sich ihre Räumlichkeiten für künftige öffentliche Zwecke sichern möchten.
Beispiele: Einrichtung einer Kindertagesstätte, Unterbringung einer Verwaltungseinheit oder Erfüllung einer vertraglich übertragenen öffentlichen Aufgabe (etwa eine Beratungsstelle).
- Das Untermietverhältnis zu den Endnutzern wird in § 549 Abs. 2 Nr. 3 weitgehend vom Wohnraummietrecht ausgenommen.
- Das Hauptmietverhältnis erhält hingegen durch § 578 Abs. 3 umfassenden Mieterschutz (Kündigungsschutz, Mieterhöhungsbegrenzungen etc.).
Fällt der sozialwohnwirtschaftliche Zweck während der Mietzeit weg, wird das Hauptmietverhältnis an sich nicht rückwirkend zu einem "normalen" Gewerbemietvertrag. Allerdings entfallen ab diesem Zeitpunkt ggf. die besonderen Abs. 3. Verweisungen. Bestehende Befristungen bleiben aber wirksam. Sie wurden ja nach dem Gesetz bei Vertragsschluss zulässig vereinbart.