Honoraranspruch des Rechtsanwalts gegen geschäftsunfähigen Betreuten

Die inzwischen verstorbene Betreute hatte in ihrer Betreuungsangelegenheit mit der Klägerin mehrere Anwaltsverträge geschlossen. Der beklagte Sohn und Erbe der Betreuten hält diese Verträge für unwirksam, zumal ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet war.
Erbe sieht Unwirksamkeit und will das Honorar nicht zahlen
Das LG Bad Kreuznach hat der Anwältin lediglich 586,08 Euro zuerkannt. Auf ihre Berufung wurde der beklagte Erbe antragsgemäß zur Zahlung von weiteren 4685,76 Euro verurteilt.
Unter Betreuung Stehenden konnte wirksame Anwaltsverträge vereinbaren
Zwischen der Anwältin und der damals unter Betreuung stehenden Mutter sind innerhalb eines Jahres nach Ansicht des OLG Koblenz mehrere wirksame Anwaltsverträge zu Stande gekommen, die sich auf die anwaltliche Vertretung im Betreuungsverfahren beziehen.
Umfassende Vollmacht in Betreuungsangelegenheiten erteilt
Die Mutter hatte der Anwältin eine umfassende Vollmacht in Betreuungsangelegenheiten erteilt, auf deren Grundlage die Anwältin in verschiedenen Betreuungsangelegenheiten für die Erblasserin tätig geworden ist. Zwischen der Anwältin und der Erblasserin sind die jeweiligen Geschäftsbesorgungsverträge auch wirksam zu Stande gekommen, erklärten die Koblenzer Richter.
Auch Geschäftsunfähiger kann Anwalt beauftragen
Ihrer Ansicht nach kann auch dahinstehen, ob die Erblasserin im Zeitpunkt der jeweiligen Auftragserteilung noch geschäftsfähig war und ob der Abschluss der jeweiligen Anwaltsverträge dem vom AG Bad Kreuznach angeordneten Einwilligungsvorbehalt ( § 1903 BGB) im Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ unterfiel.
In Betreuungssachen ist der Betroffene ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig
Zwar ist nach § 105 Absatz I BGB die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig. Jedoch folgt aus § 275 FamFG, dass der Betroffene in Betreuungssachen einen Rechtsanwalt auch dann wirksam mit der anwaltlichen Vertretung beauftragen kann (§ BGB § 675 BGB), wenn nach materiellem Recht der Anwaltsvertrag wegen Fehlens der Geschäftsfähigkeit nicht wirksam geschlossen werden könnte. Mit anderen Worten:
- Nach § 275 FamFG ist in Betreuungssachen der Betroffene ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig.
- Der BGH hat insoweit entschieden, dass der Betroffene in Betreuungssachen als verfahrensfähig anzusehen ist, ohne dass es auf seine Fähigkeit ankommt, einen natürlichen Willen zu bilden, und dass die Verfahrensfähigkeit auch die Befugnis umfasst, einen Verfahrensbevollmächtigten zu bestellen, also eine wirksame Vollmacht für das Betreuungsverfahren zu erteilen.
„Ist der Betroffene nach § 275 FamFG fähig, einem Rechtsanwalt zur anwaltlichen Vertretung Vollmacht zu erteilen, ist es folgerichtig, aus dieser Vorschrift auch die Rechtsfolge zu entnehmen, dass der Betroffene ungeachtet seiner etwaigen Geschäftsunfähigkeit und eines Einwilligungsvorbehalts die rechtliche Befugnis hat, den der Vollmachterteilung zu Grunde liegenden schuldrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrag wirksam abzuschließen“, schlussfolgern die Koblenzer Richter.
Gesetzesziel war es, die Rechtsposition des Betroffenen im Verfahren zu stärken
Ein wesentliches Ziel des § 275 FamFG sei es, die Rechtsposition des Betroffenen auch im Verfahren zu stärken. In einem fairen Verfahren soll er eigenständiger Beteiligter und nicht „Verfahrensobjekt“ sein. Der Betroffene soll in die Lage versetzt werden, seinen Willen nach Kräften selbst zu vertreten, ohne auf andere, insbesondere gesetzliche Vertreter, angewiesen zu sein.
Vorrang für den Betreuten
In der Tat: Dem Betroffenen wird es im Betreuungsverfahren häufig nur mit anwaltlicher Vertretung möglich sein, seine Rechte im Betreuungsverfahren effektiv wahrzunehmen Mit diesem Ziel wäre es nur schwerlich zu vereinbaren, dem Betroffenen zwar einerseits die Rechtsmacht zuzubilligen, einem Rechtsanwalt durch Rechtsgeschäft wirksam eine Verfahrensvollmacht zu erteilen, ihm aber andererseits die rechtliche Handlungsfähigkeit abzusprechen, den zu Grunde liegenden schuldrechtlichen Vertrag über die Erteilung des Mandats wirksam zu schließen.
Hierdurch wäre das Ziel, es dem Betroffenen zu ermöglichen, seine Rechte im Betreuungsverfahren insbesondere auch mittels anwaltlicher Vertretung wahrzunehmen, nicht in dem Maße gewährleistet, wie es durch die Regelung des § 275 FamFG angestrebt ist.
Insbesondere ist es mit dem Ziel, das der Gesetzgeber in § 275 FamFG verfolgt, nicht vereinbar, wenn der Betroffene darauf angewiesen wäre, dass sein Betreuer den Abschluss eines Anwaltsvertrags genehmigt oder das Gericht zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen nach § 276 FamFG einen Verfahrenspfleger bestellt.
(OLG Koblenz, Urteil v. 13.2.2014, 6 U 747/13).
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