Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Zusammenfassung
Personengesellschaften können sowohl steuerbare Leistungen gegenüber ihren Gesellschaftern ausführen als auch steuerbare Leistungen von den Gesellschaftern erhalten. Die zutreffende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung ist nicht nur bei der Nutzung von Gegenständen der Gesellschafter im Rahmen der Gesellschaft, sondern auch bei der Ausführung von Geschäftsführungs- oder Überwachungsleistungen von Bedeutung. Eine Übertragung ertragsteuerrechtlicher Grundsätze darf nicht erfolgen und kann zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen. Aber auch bei der Gründung einer Personengesellschaft müssen Besonderheiten beachtet werden.
1 Problematik
Personenzusammenschlüsse jeglicher Art – von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bis zur Personenhandelsgesellschaft – sind unternehmerisch tätig, wenn sie die allgemeinen Voraussetzungen des § 2 UStG erfüllen. Nach einer zum 1.1.2023 vorgenommenen Gesetzesergänzung ist die Rechtsfähigkeit keine Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft.
Rechtsfähigkeit keine Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft
Der BFH hatte die Unternehmereigenschaft für eine Bruchteilsgemeinschaft grundsätzlich ausgeschlossen, da diese nicht rechtsfähig sei. In der Konsequenz wären dann die Gemeinschafter der Bruchteilsgemeinschaft die Unternehmer. Dies hätte in der Praxis – auch bei ebenfalls nicht rechtsfähigen ungeteilten Erbengemeinschaften – zu erheblichen Problemen geführt. Der Gesetzgeber hat deshalb zum 1.1.2023 in § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG eine Ergänzung dahingehend vorgenommen, dass die Unternehmereigenschaft unabhängig davon ist, ob nach anderen Rechtsvorschriften Rechtsfähigkeit gegeben ist. Der BFH hatte sich nach der Gesetzesänderung in einem Fall, der allerdings noch den alten Rechtsstand betraf, zweifelnd zur Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht geäußert und dazu auf ein Urteil des EuGH verwiesen. Allerdings hat der EuGH mittlerweile einer offensichtlich nicht rechtsfähigen Ehegattengemeinschaft ein Handeln als Unternehmer zugebilligt, sodass die nationale Klarstellung wohl mit dem Unionsrecht vereinbar erscheint.
Die Gesellschafter einer Personengesellschaft selbst werden nicht automatisch aufgrund ihrer Gesellschafterstellung unternehmerisch tätig. Allerdings kann jeder Gesellschafter alleine durch Leistungen gegenüber "seiner" Personengesellschaft Unternehmereigenschaft erlangen. Voraussetzung ist, dass diese Leistungen gegen ein Sonderentgelt ausgeführt werden und der Gesellschafter auch nicht weisungsgebunden eingegliedert ist.
Abgrenzung zu Überwachungsgremien notwendig
Gesellschafter, die Leitungsfunktionen innehaben (Geschäftsführung) können gegenüber ihrer Gesellschaft als Unternehmer tätig werden. Eine Abgrenzung ist aber zu den Gremien mit Überwachungsfunktion notwendig (Aufsichtsräte, Beiräte). Nachdem der EuGH festgestellt hatte, dass ein Aufsichtsrat bei einer tätigkeitsunabhängigen Festvergütung nicht unternehmerisch tätig ist, hatte die Finanzverwaltung einen neuen Abschn. 2.2 Abs. 3a UStAE eingeführt, nach dem eine unternehmerische Betätigung vorliegt, wenn neben der pauschalen Festvergütung wenigstens 10 % als variable Tätigkeitsvergütung gezahlt wird.
In einer weiteren Entscheidung hat der EuGH aber zu einem Verwaltungsrat, der auch tätigkeitsabhängige Vergütungen erzielte, festgestellt, dass er damit nach Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL zwar eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, wenn er dieser Gesellschaft eine Dienstleistung gegen Entgelt erbringt und diese Tätigkeit einen nachhaltigen Charakter aufweist und gegen eine Vergütung ausgeübt wird, deren Festsetzungsmodalitäten vorhersehbar sind. Nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 MwStSystRL wird die Tätigkeit aber nicht selbstständig ausgeübt, wenn dieses Mitglied – trotz der Tatsache, dass es die Modalitäten der Ausübung seiner Arbeit frei regelt, das Entgelt, das sein Einkommen darstellt, selbst vereinnahmt, im eigenen Namen handelt und keinem hierarchischen Unterordnungsverhältnis unterliegt – weder für eigene Rechnung noch in eigener Verantwortung handelt und das mit seiner Tätigkeit einhergehende wirtschaftliche Risiko nicht trägt.
Weisungsgebundenheit ist im Innenverhältnis zu prüfen
Ob ein Gesellschafter bei einer von ihm ausgeführten Geschäftsführungstätigkeit unselbstständig tätig ist, bestimmt sich nicht nach dem Außenverhältnis, sondern nach der Rechtsprechung des BFH nach dem Innenverhältnis. Es muss deshalb geprüft werden, ob der Gesellschafter – insbesondere bei Geschäftsführungsleistungen – im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern weisungsgebunden ist.
Wird ein Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft nur gegen den ihm aufgrund seiner Gesellschafterstellung zustehenden Gewinn tätig, liegt ein Gesellschafterbeitrag vor, der grundsätzlich die Unternehmereigenschaft des Gesellschafters nicht begründen kann. Dass die unentgeltliche Ausführung von Leistungen gegenüber der Gesellschaft nicht zu einer umsatzsteuerrechtlich relevanten wirtschaftlichen Tätigkeit führen kann, hat auch der EuGH grundsä...